06. Oktober 2024

Zitat

Tun und lassen, die tägliche Übung des Seins.

Heinrich Wiesner

Begriffe zur Psychotherapie

Gesprächspsychotherapie

Gesprächspsychotherapie ist die Bezeichnung für ein Verfahren, das, inzwischen mehrheitlich unter dem Namen „klientenzentrierte“ oder „personzentrierte“ Psychotherapie bekannt, seit 1940 von Carl R. Rogers und seinen NachfolgerInnen entwickelt wurde. Die klientenzentrierte Konzeptbildung geht davon aus, dass innerhalb einer Beziehung Bedingungen geschaffen werden können, die förderlich sind für den Entwicklungsprozess einer Person. Als hilfreich haben sich folgende Haltungen der Begleitperson erwiesen:
Empathie: Fähigkeit, sich in die Anliegen des Gegenübers und in seinen speziellen Bezugsrahmen einfühlen und das auch adäquat kommunizieren zu können.
Akzeptanz: Fähigkeit, die ratsuchende Person mit all ihren Eigenheiten und ihrem gesamten Erleben bedingungslos wertschätzen zu können.
Kongruenz: Fähigkeit, in Bezug auf die Beziehung zur anderen Person mit sich selber und seinem Erleben so im Kontakt zu sein, dass es präzise wahrgenommen und bei Bedarf in der Beziehung zur Verfügung gestellt werden kann.

Eine differenzierte Schulung im Zuhören, Beantworten und Erfragen der Welt der KlientInnen, im Wahrnehmen und Erstellen der eigenen Präsenz und des gemeinsamen Beziehungsfeldes ist erforderlich. Die Wirksamkeit der klientenzentrierten Therapie beruht in erster Linie auf dieser professionellen dialogischen Beziehungsfähigkeit.

Focusing

Focusing geht auf den Österreich-Amerikaner Eugene T. Gendlin und seinen experienziellen Ansatz zurück, der im Zuge seiner Untersuchung von Psychotherapieverläufen feststellte, dass Menschen mit einem guten Zugang zu sich selber eine besondere Art und Weise aufwiesen, mit ihrem Innern Kontakt aufzunehmen. Dieser Effekt war unabhängig von der verwendeten Therapiemethode oder -technik. Auf der Grundlage dieser erlernbaren, differenzierten körperbezogenen Selbstwahrnehmung wird es möglich, in einer inneren Vorwärtsbewegung statt des Verharrens in erstarrten (“strukturgebundenen“) Formen neue Resonanzen und Bedeutungsbildungen zur Entfaltung kommen zu lassen.

Körperpsychotherapie

Humanistische und systemische Sichtweisen sind immer ganzheitlich konzipiert, die gesamte leibseelische Anwesenheit der an der Begegnung beteiligten Menschen ist dabei selbstverständlich. Deshalb haben wir trotz des im klientenzentrierten Ansatz üblichen ausschliesslich verbalen Verfahrens Methoden entwickelt, mit Menschen in einem direkten körperlichen Dialog zu arbeiten. Vertieftes Wissen über die „Energieverwaltung“, die Atmung, Haltung, Beweglichkeit und Lebendigkeit der Menschen, das wir vor allem Wilhelm Reich und seinen NachfolgerInnen verdanken, hilft die Erfahrung zu vertiefen, dass sich Veränderungen „verkörpern“ müssen, um nachhaltig zu sein.

Unsere psychotherapeutische Haltung

Damit KlientInnen wieder in einen lebendigeren oder sicheren Kontakt mit sich selbst und der Umwelt kommen können, erfordert es von ihnen selber Mut, Geduld und aktive Mitarbeit. In der therapeutischen Situation treffen sie auf ein Gegenüber, das nicht nur mit Fachwissen, sondern als ganze Person in einen dialogischen Prozess eintritt und so behutsam dazu verhelfen kann, Alternativen im Beziehungsfeld erlebbar zu machen. Dabei ist entscheidend, in welcher Art und Weise TherapeutInnen diese Beziehung konstellieren und wie sie den Entwicklungsprozess ihrer KlientInnen körperlich, gefühlsmässig und intellektuell begleiten. Klientenzentrierte Gesprächs- und KörperpsychotherapeutInnen versuchen immer wieder aufs Neue, eine annehmende, einfühlsame und authentische innere Haltung zu verwirklichen. Sie schaffen aktiv Bedingungen für eine Veränderung. Sie sind nicht nur mit ihrer Sprache, sondern auch mit ihrem Körper und ihrem eigenen Lebendigsein DialogpartnerInnen und berücksichtigen die sprachliche und nichtsprachliche Kommunikation der KlientInnen. Sie bemühen sich, die Beziehungsdynamik zwischen ihnen und den KlientInnen zu verstehen und verschiedenen Bindungsbedürfnissen adäquat zu begegnen. Ihr Interesse gilt auch dem Transfer des im therapeutischen Setting Erfahrenen und Gelernten in den Alltag der Person. Dieser umfassende therapeutische Kontakt hilft den KlientInnen dabei, nach und nach gewohnte Erlebens- und Handlungsmuster, die sich selbstverständlich auch im therapeutischen Kontakt zeigen, zu erkennen und sich auf eine neue Art und Weise auf ihre inneren Themen und auf ihre Umgebung zu beziehen. So lernen sie, typische strukturgebundene Anteile ihrer Person wahrzunehmen und zu akzeptieren. Sie fassen aber auch immer wieder Mut, Wahlmöglichkeiten zu erwägen, Wahrnehmungskorrekturen vorzunehmen, Beziehungsveränderungen und konkrete Handlungsschritte auszuprobieren.

Im Verlauf der Therapie wächst dann das Vertrauen in prozesshaftes, lebendiges Geschehen im Körper und in den Gedanken, Gefühlen und Handlungen, Vertrauen auch darin, dass sich Sicherheit und Zufriedenheit gerade durch ein lebendiges Gleichgewicht zwischen Stabilität und Veränderung wiedergewinnen lässt. Dieses Vertrauen kann die KlientInnen dann auch dazu ermutigen, die ständige gegenseitige Wechselwirkung und Verbundenheit wieder vertieft wahrzunehmen und deshalb engagiert und verantwortlich mit sich und ihrer Mitwelt in Kontakt zu treten.